Für eine Unabhänige Ermittlungsstelle gegen Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden  

Egal ob „NSU 2.0“, „Hannibal“-Netzwerk oder Chats mit rechtsextremen Inhalten bei der Polizei NRW: in den letzten Monaten wurden viele extrem rechte Vorfälle und Netzwerke innerhalb der Sicherheitsbehörden der Länder, aber auch des Bundes aufgedeckt. Menschen, die die Demokratie verachten, andere Menschen bedrohen (so wie im Fall „NSU 2.0“) oder gar einen bewaffneten Umsturz planen (so wie Teile des „Hannibal“-Netzwerkes) waren und sind teilweise immer noch für die Durchsetzung der Staatsgewalt verantwortlich. Viele der beteiligten Soldaten und Polizisten haben Zugang zu (Kriegs-)Waffen und einige horten auch privat große Mengen Munition. Zuletzt geriet das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr erneut in die Schlagzeilen, weil der Kommandeur eine rechtswidrige Amnestie für Munitionsdiebstahl veranlasst hatte. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese Personen und die von ihnen gebildeten klandestinen Strukturen eine immense Gefahr für die Demokratie in Deutschland darstellen.

Dennoch wird bisher viel zu lasch gegen die Beschuldigten ermittelt. Der Prozess gegen Franco A., einen mutmaßlichen Terroristen, der im „Hannibal“-Netzwerk aktiv war, beginnt im Frühjahr 2021 vier Jahre nach seiner erstmaligen Festnahme. Die politische Dimension der Taten von Marco G., der als Mitglied der „Nordkreuz“-Chatgruppe zehntausende Schuss Munition hortete, wurde in den Ermittlungen und dem Prozess nicht berücksichtigt. Beim KSK ermittelt man lieber gar nicht. Darüber hinaus werden Whistleblower wie der Ex-Soldat Patrick J. selten ernst genommen. Ganz generell zeigt sich, dass Ermittlungen gegen Polizist*innen und Soldat*innen oft verschleppt werden, sei es wegen rechtsextremer Tendenzen, aber auch beispielsweise wegen rechtswidriger Polizeigewalt. Gerade bei rechtswidriger Polizeigewalt gibt es kaum Verurteilungen und dazu ein riesiges Dunkelfeld. Diese Tatsache liegt insbesondere daran, dass es für die Polizist*innen aus nachvollziehbaren Gründen nicht einfach ist, gegen die eigenen Kolleg*innen zu ermitteln und zudem ein starker Korpsgeist innerhalb der betroffenen Einheiten die Aufarbeitung solcher Fälle behindert. Außerdem leidet die parlamentarische Kontrolle darunter, dass zu diesen Fällen oftmals wenig oder unzureichend Informationen an die zuständigen Ausschüsse weitergegeben werden.

Doch es dürfen weder extrem rechte Netzwerke innerhalb der Sicherheitsbehörden existieren noch darf rechtswidrige Polizeigewalt geduldet werden. Ebenso ist eine bessere parlamentarische Kontrolle der Sicherheitsbehörden notwendig. In einigen Bundesländern – Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz – wurden zuletzt unabhängige Polizeibeauftragte eingeführt, die als Beschwerdestelle fungieren, jedoch keine Ermittlungskompetenzen haben. Ein anderes Modell, bei dem eine unabhängige Ermittlungsstelle geschaffen wurde, wurde in Dänemark etabliert. 

Um die rechtsextremen Skandale in den Sicherheitsbehörden Herr zu werden, brauchen wir auch in Deutschland eine unabhängige Ermittlungsstelle mit umfassenden Ermittlungskompetenzen. Diese sollte an den Bundestag angegliedert und diesem zur Rechenschaft verpflichtet sein. So wird auch eine sinnvolle parlamentarische Kontrolle der Sicherheitsbehörden ermöglicht. Dadurch werden an  Sicherheitsbehörden hohe Standards angelegt, die dafür sorgen, dass diese ihrer immensen Verantwortung – die Ausübung der Staatsgewalt – gerecht werden können. Eine Ermittlungsstelle trägt dazu bei, das Vertrauen der Bevölkerung in die Sicherheitsbehörden zu stärken. Deswegen brauchen wir sie dringend und sie wäre eines meiner ersten Projekte im Bundestag!