In der Kreistatssitzung am 04. Dezember ging es insbesondere um die Wiederbestellung von Eva von Vietinghoff-Scheel als Vorständin des Kommunalunternehmens, um den vom Landrat angestrebten Neubau eines Amtsgebäudes am Landratsamt und um das 49 €-Ticket.
Wiederbestellung von Eva von Vietinghoff-Scheel als Vorständin des Kommunalunternehmens
Das Kommunalunternehmen ist ein Unternehmen des Landkreises Würzburg, in dem verschiedene Aufgaben des Landkreises, genauer u.a. der ÖPNV, die Müllentsorgung, das Krankenhaus Ochsenfurt und die landkreiseigenen Pflegeeinrichtungen, untergebracht sind. 25 Jahre lang war Prof. Dr. Alexander Schraml Vorstand des KUs; dieses Jahr ist er auf eigenen Wunsch aus dem Amt ausgeschieden.
Bereits 2019 wurde Eva von Vietinghoff-Scheel als seine Nachfolgerin zunächst zur gleichberechtigten, seit April nun alleinigen Vorständin für insgesamt fünf Jahre, also für die Zeit von 2020 bis 2025, bestellt. Frau von Vietinghoff-Scheel ist eine sehr kompetente, tatkräftige und integre Persönlichkeit, bei der ich unser Kommunalunternehmen in guten Händen weiß. Auch die Zusammenarbeit mit ihr ist sehr angenehm sowie ziel- und lösungsorientiert.
Es liegt also nahe, Frau von Vietinghoff-Scheel rechtzeitig vor Ablauf ihres Vertragsendes erneut für weitere fünf Jahre zur Vorständin zu bestellen. Leider habe ich in den letzten Monaten auf vielfältige Weise einen Eindruck gewonnen, der mich daran zweifeln lässt, dass der Landrat und die CSU-Fraktion dies ganz genauso sehen. Zwar haben sowohl die Fraktion, als auch Landrat Eberth heute vehement das Gegenteil behauptet, aber ich habe weiterhin Zweifel – und ich empfinde manches Verhalten als unangemessenes und unernsthaftes taktisches Spielchen.
In der Folge haben GRÜNE, SPD, UWG/FW und ödp gemeinsam beantragt, Frau von Vietinghoff-Scheel erneut für fünf Jahre zu bestellen und damit klare Fakten zu schaffen. Aus meiner Sicht hätte es hier wenig zu debattieren gegeben, aber selbstverständlich kann man zu allem sehr viel sagen, wenn man möchte.
Was ich jedoch ebenfalls sehr unangemessen und rechtlich sehr fragwürdig finde ist, dass die Debatte auf den Antrag von Wolfgang Kuhl (FDP) hin in die Nicht-Öffentlichkeit verlegt wurde, obwohl der Tagesordnungspunkt öffentlich geladen war. Das Verhalten des Landrats halte ich hierbei in gleich dreierlei Hinsicht für rechtlich problematisch.
- Wolfgang Kuhl hat unüberhörbar einen Antrag zur Geschäftsordnung gestellt, die Öffentlichkeit auszuschließen. In § 13 (2) der Geschäftsordnung des Kreistags heißt es: “Über den Ausschluss der Öffentlichkeit wird in nichtöffentlicher Sitzung beraten und beschlossen (Art. 46 Abs. 2 S. 2 LKrO).”
Landrat Eberth hat allerdings über diesen GO-Antrag nicht abstimmen lassen. Als meine Fraktion eine Abstimmung forderte, entgegnete er, eine Abstimmung sei nicht notwendig, da die Öffentlichkeit auszuschließen sei, wenn ein Mitglied des Kreistags dies verlange. Diese Aussage ist erkennbar falsch und das Verhalten Eberths im Grunde genommen rechtswidrig. - Während dieses Wortwechsels verlangte ich, gegen Kuhls GO-Antrag reden zu dürfen. Landrat Eberth verweigerte mir das. Auch das ist ein Verstoß gegen § 13 (2) GeschO sowie eine unzulässige Einschränkung meiner Mitwirkungsrechte in kommunalen Gremien. Dies ergibt sich auch aus den allgemeinen Reglungen über den Meinungsbildungsprozess kollegial verfasster Organe (vgl. Widtmann/Grasser/Glaser, Gemeindeordnung, Art. 47 GO Rn. 5ff). Insbesondere erfordert jeglicher Antrag eine eingehende Beratung unter den Mitgliedern des Kreistags. Dieses Recht „auszuhebeln“ verstößt gegen elementare demokratische Grundsätze, insbesondere das im Grundgesetz verankerte Demokratie-Prinzip. Dieses beinhaltet eine Gleichheit der Abgeordneten und Fraktionen und gleiche Rechte bei Abstimmungen (vgl. Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 20 II Rn. 36 und Rn. 39). Diese Prinzipien müssen in sämtlichen Kollegialorganen, also auch in Kreistagen, gelten. Gerade in der Verweigerung einer Gegenrede liegt ein solcher Verstoß, weil mir nicht dasselbe Recht eingeräumt wurde wie Kreisrat Kuhl, der seinen Antrag ausführlich begründen durfte. Insofern war das Verhalten Eberths auch hier erkennbar rechtswidrig.
- Gemäß Art. 46 Abs. 2 Satz 1 LKrO sind die Sitzungen des Kreistags öffentlich, soweit nicht Rücksichten auf das Wohl der Allgemeinheit oder berechtigte Ansprüche einzelner entgegenstehen. Wird über Inhalte eines Tagesordnungspunktes, zu dem öffentlich geladen war und der öffentlich beraten wurde, in der nichtöffentlichen Sitzung in einer Art und Weise, die nicht der Geheimhaltung unterliegt, weiter diskutiert, liegt hierin ein Verstoß gegen das Öffentlichkeitsprinzip des Art. 46 Abs. 2 Satz 1 LKrO. Über die Inhalte der nicht-öffentlich zu diesem Tagesordnungspunkt geführten Debatte kann ich an dieser Stelle nichts sagen, es kann jedoch nicht bestritten werden, dass mehrere dort getätigte Redebeiträge keiner Geheimhaltungspflicht unterlagen. Dieser Verstoß ist auch deswegen sehr ärgerlich, weil die Wiederbestellung der Vorständin von großer öffentlicher Bedeutung ist und eine große Menge Zuschauer*innen anzog, die aufgrund der Nicht-Öffentlichkeit den Saal verlassen mussten.
Nach Ende der nicht-öffentlich geführten Debatte gab es eine Sitzungsunterbrechung, in der aufgrund der Ereignisse der nicht-öffentlichen Debatte eine Art “Kompromissvorschlag” formulierte wurde, in dem bekräftigt wurde, eine Wiederbestellung anzustreben, sobald die vertraglichen Details geklärt wären. Dies solle zügig geschehen.
Aus meiner Sicht hätte eigentlich eine sofortige Wiederbestellung erfolgen müssen. Es zeichnete sich jedoch ab, dass es dafür aufgrund von Meinungsänderungen in der UWG-Fraktion keine Mehrheit geben würde. Deswegen habe ich für den Kompromissvorschlag gestimmt.
Alles in allem war diese Debatte enorm unnötig und es ist sehr schade, dass die einfache Wiederbestellung einer sehr kompetenten Vorständin derart verzögert und behindert wird.
Neubau Landratsamt
Ebenfalls auf der Tagesordnung stand der Neubau eines Amtsgebäudes am Landratsamt. Da laut Verwaltung zu wenig Arbeitsplätze existieren, soll neben dem bisherigen Gebäude, auf dem Gelände des Parkplatzes, ein zusätzliches Gebäude inklusive Tiefgarage entstehen. Die Kosten hierfür werden auf knapp 60 Millionen € geschätzt.
Um es kurz zu machen: den Entwurf finde ich, abgesehen von der Tiefgarage, sehr gelungen. Auch der Begrünungsplan für das Außengelände überzeugt. Allerdings sind die Kosten laut Schätzung im Vergleich zum Zeitpunkt, als der Kreistag (tatsächlich auch mit meiner Stimme) die Erstellung des Entwurfs beschloss, erheblich gestiegen. Ebenso wie die Zinsen – denn der komplette Bau soll mit Krediten finanziert werden. Eine Abschreibung der Kosten über 50 Jahre verursacht beim derzeitig realistischen Zins von 4 % knapp 3 Millionen € Kosten pro Jahr (Zins und Tilgung). Ein Anmieten der zusätzlich nötigen Arbeitsplätze würde hingegen wahrscheinlich nur mit rund 1,3 Millionen € zu Buche schlagen. Deswegen habe ich meine Meinung von damals revidiert: diese Kosten sind dem Nutzen des Projekts nicht angemessen, weswegen ich dafür plädiere, es nicht durchzuführen. Eine Entscheidung soll nach der Aufstellung des Haushalts fallen.
49 €-Ticket
Beschlossen wurde auch eine allgemeine Vorschrift zum 49 €-Ticket. Diese bewirkt, dass das Ticket im Landkreis Würzburg anwendbar ist und zwar bis 30.04.24, da solange die Finanzierungszusage von Bund und Ländern gilt.
Interessant war dabei vor allem die Antwort auf meine Rückfrage, was passiert, wenn Bund und Länder sich aufgrund des Widerstands der FDP nicht rechtzeitig auf eine Verlängerung der Finanzierungszusage einigen können und somit der Kreistag nicht rechtzeitig eine neue allgemeine Vorschrift beschließen kann. Herr Stiller vom KU versicherte mir, dass es keine Lücke in der Gültigkeit des Tickets im Landkreis geben werde, sofern Bund und Länder eine Verlängerung beschließen .